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Ein besonderer Ort, der seit Generationen die Herzen der kleinsten Weihnachtsmarktbesucher höher schlagen lässt, ist der Märchenwald am Fuße der Marienkirche. Erstmalig öffnete er 1962 seine Pforten und sorgt seitdem jedes Jahr zur Weihnachtszeit für leuchtende Kinderaugen. Ursprünglich dienten die Märchenmotive vor fast 60 Jahren als Schaufensterdekoration des Karstadt-Kaufhauses, bevor sie als vorweihnachtliche Attraktion für Familien mit Kindern auf den Marienkirchhof umzogen. Zur liebgewonnenen Tradition des Märchenwaldes gehören mittlerweile 23 „Kojen“, in denen die schönsten Märchenfiguren von Grimm & Co. zu Hause sind – von König Drosselbart und Aschenputtel über Hänsel und Gretel und Dornröschen bis hin zu Pippi Langstrumpf, Jim Knopf und Max und Moritz.
Einer, der von Anfang an dabei war und dem der Märchenwald besonders am Herzen liegt, ist Schausteller Peter Belli, Jahrgang 1963. Schon als kleiner Junge half er seinen Eltern im Märchenwald im Süßwarenstand, durfte sich um die Märchenfiguren kümmern, riss mit seinen beiden Brüdern Karten für das Kinderkarussell ab und machte seine Hausaufgaben im hinteren Wagon der Kindereisenbahn. „Ich wurde hin- und hergeschaukelt und immer wenn der Wagon über die Schwellen fuhr, ruckelte es – an Schönschrift war da nicht zu denken.“ Zur Schule ging er ab der 4. Klasse in Lübeck, aber nur von November bis März, wenn die Familie ihr Winterlager auf dem Volksfestplatz aufschlug. Ansonsten zog die Schaustellerfamilie Belli von Jahrmarkt zu Jahrmarkt quer durchs Land und der kleine Peter ging mit den anderen Schaustellerkindern jede Woche in eine neue Schule. Geschadet habe ihm das nicht, „ich hatte immer viele Freunde“, erinnert er sich gern, doch bei seinen beiden Töchtern und seinen Enkelkindern habe er immer Wert auf einen festen Schulplatz und eine gute Ausbildung gelegt. Am liebsten wäre er Automechaniker geworden, aber der Familienbetrieb war wichtiger, und so lernte Peter Belli alles Handwerkliche vom Vater und übernahm schließlich den elterlichen Betrieb. „Es gibt nichts, was ein Schausteller nicht kann“, erklärt er verschmitzt. „Und wenn er etwas nicht kann, dann probiert er so lange, bis er es kann.“ Gesagt, getan – und so ist der sympathische Schausteller mit dem Herzen am rechten Fleck heute ein echter Selfmade-Mann. Crêpes, Entenangeln und Dosenwerfen sind sein Geschäft, beim Märchenwald kommen noch Mutzen und die Kindereisbahn dazu.
Als der Förderverein des Märchenwaldes „Pro Lübeck e.V.“ Anfang 2000 Geldsorgen hatte und der Verkauf des Märchenwaldes nach Dänemark drohte, übernahm Peter Belli den Vorsitz des Vereins und kaufte die Märchenfiguren und ihre Kojen kurzerhand auf. „Der Märchenwald gehört einfach zu Lübeck, sonst fehlt etwas auf dem Weihnachtsmarkt“, begründet er sein Engagement, das bis heute andauert. „Er bedeutet einfach ein Stück Kindheit – nicht nur für mich, sondern für Generationen von Lübeckern.“ Um die Restaurierung und Neubauten der beweglichen Märchenfiguren und der hölzernen Kojen Jahr für Jahr zu finanzieren, ist der Verein regelmäßig auf Spenden angewiesen. So hat beispielsweise die Brockensammlung Lübeck jüngst die Patenschaft für Frau Holle und Pippi Langstrumpf übernommen. „Ohne unsere Förderer und Sponsoren könnte der Märchenwald nicht existieren“, sagt Peter Belli. „Für dieses Engagement möchte ich mich sehr herzlich bei allen bedanken.“ Sein eigener Einsatz ist für ihn selbstverständlich, auch wenn es ihn viel Zeit und Arbeit kostet. Er übernimmt fast alle anfallenden Reparaturen selbst, „nur die Puppenkleider nähen meine Frau und einige ehrenamtliche Helferinnen, das ist nicht so mein Ding.“
Wer den Lübecker Märchenwald gerne unterstützen und Märchenpate werden möchte, erreicht Peter Belli vom Verein Pro Lübeck e.V. unter der E-Mail-Adresse seiner Frau elke.belli@yahoo.com.